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Und es ist genau diese Botschaft, die wir auch als SPD zu diesem besonderen Jahrestag deutlich machen wollen, vor allem mit unserer Festveranstaltung „Zusammen in Deutschland“ am 27. Oktober in Berlin.
Danke sagen darauf kommt es zuerst an
Die vielen Menschen, die aus der Türkei und anderen Ländern in diesen fünf Jahrzehnten nach Deutschland gekommen sind, ihre Kinder und Enkelkinder, haben auf unterschiedlichste Weise Deutschland verändert, bereichert und vorangebracht. Deutschland ist in dieser Zeit weltoffener, wirtschaftlich leistungsfähiger und kulturell reicher geworden. Allen, die hierzu beigetragen haben, gebühren Dank und Anerkennung! Darum geht es zuallererst, wenn wir in diesen Tagen auf 50 Jahre deutsch-türkisches Zusammenleben zurückblicken. Und eben dies möchte auch ich persönlich und als Vorsitzender der SPD Ihnen allen aus vollem Herzen sagen: Danke!
Die erste Generation der Eingewanderten aus der Türkei und anderen Ländern hat vor allem als Arbeiter in Betrieben der Industrie gearbeitet, etwa bei Ford und Volkswagen, bei Thyssen Krupp, oder auf dem Bau und in den Bergwerken. Es war eine meist harte Arbeit. Sie hat maßgeblich mit dazu beigetragen, dass Deutschland in dieser Zeit wirtschaftlich wieder auf die Beine und zu neuem Wohlstand gekommen ist. Das verdient Anerkennung und Dank über den Tag hinaus.
Vieles hat sich in den zurückliegenden Jahren gewandelt. Zwar sind noch längst nicht alle Hürden für volle Chancengleichheit in unserem Land aus dem Weg geräumt. Doch ist es ein guter Schritt, dass Eingewanderte heute in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen arbeiten, sich einbringen und unser Land voranbringen: als selbstständige Unternehmer, in sozialen Berufen, als Lehrer, Ärzte, Künstler oder Sportler. Allein die rund 82.000 türkischstämmigen Unternehmer in Deutschland beschäftigen 400.000 Menschen. Das ist ein Beitrag, von dem wir alle gemeinsam profitieren.
Für eine Kultur der Anerkennung und faire Chancen für alle
Umso mehr besorgt es mich, wenn wir heute feststellen müssen, dass immer mehr Menschen türkischer Herkunft Deutschland verlassen. Im letzten Jahr sind mehr türkischstämmige Menschen ausgewandert als nach Deutschland eingewandert. Für mich steht aber fest: Unser Land kann auf die Talente und das Können dieser Menschen, von Ihnen allen, nicht verzichten. Deshalb sage ich: Bleiben Sie hier! Lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten, dass Deutschland eine gute Zukunft hat.
Das setzt dann aber auch voraus, dass wir alle gemeinsam in Deutschland noch mehr dafür tun, allen hier lebenden Menschen faire Chancen auf Aufstieg und Teilhabe zu ermöglichen. Die Politik ist hier besonders gefordert. Viel zu lange hat sie sich der Tatsache verweigert, dass Deutschland längst ein Einwanderungsland geworden war. Erst mit der Regierungsübernahme der SPD 1998 wurde der Wandel von einer Ausländerpolitik, wie es zuvor bezeichnenderweise hieß, hin zu einer aktiven Politik für Integration vollzogen. Hieran können und müssen wir heute anknüpfen: Wir müssen vor allem noch mehr für gerechte Bildung für alle tun. Und wir brauchen endlich den Schritt hin zu einer echten doppelten Staatsangehörigkeit. In unserer Regierungszeit haben wir als SPD hierfür gekämpft, konnten gegen den Widerstand von CDU und CSU aber nur einen ersten Schritt in diese Richtung durchsetzen. Zu einer Kultur der Anerkennung, die wir in unserem Land brauchen, gehört aber unbedingt dazu, dass niemand gezwungen ist, sich zwischen seinen Identitäten zu entscheiden und die eine für die andere aufzugeben. Als ein starkes Signal genau für eine solche Kultur der Anerkennung ist der Schritt hin zu echter doppelter Staatsangehörigkeit überfällig.
Vielfalt gehört längst zu einer weltoffenen Kultur unseres Landes
Kaum jemand hat vor 50 Jahren damit gerechnet, dass viele der Menschen, die damals als „Gastarbeiter“ nach Deutschland geholt wurden, dauerhaft hier bleiben und in Deutschland eine neue Heimat finden würden. Dies war weder die Erwartung der damaligen Politik oder der Unternehmen in Deutschland, die im wirtschaftlichen Aufschwung dringend Arbeitskräfte benötigten. Noch war es die Erwartung der Menschen, die sich aus der Türkei und anderen Ländern aufmachten, um in Deutschland zu arbeiten. Es ist gut, dass es anders gekommen ist und dass vielfach aus „Gastarbeitern“ und ihren Familien „neue Mitbürger“ in unserem Land geworden sind.
Ihre Kultur ist längst untrennbar mit Deutschland verbunden, ist Teil der gemeinsamen Kultur geworden, die unser Land heute ausmacht. Türkisches Essen ist längst Teil unserer deutschen Esskultur. Die Filme von einem türkischstämmigen Regisseur wie Fatih Akin sind längst Aushängeschilder des deutschen Films. Letztlich ist Vielfalt zu einem wichtigen Teil einer weltoffenen Kultur unseres Landes geworden, die auch das Bild Deutschlands in der Welt prägt. Die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006 hat dies eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Bei allen Herausforderungen und Schwierigkeiten im Zusammenleben, die es sicherlich noch immer gibt, können und sollten wir hierauf gemeinsam stolz sein.
Der beste Weg, eine andere Kultur kennenzulernen, Verständnis für sie zu entwickeln, Vorbehalte abzubauen, ist der Austausch mit Menschen, die diese Kultur leben. Das Verständnis füreinander wird vor allem dann wachsen, wenn wir Interesse aneinander haben, nicht nebeneinander her leben, sondern aufeinander zugehen. Genau das verstehe ich unter: zusammen leben! Lassen Sie uns gemeinsam alles dafür tun, dass dieses Zusammenleben in unserem Land gelingt. Zusammen sind wir Deutschland!