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Er erzählte mir, dass ihn eines Tages der berühmte Gourmet-Kritiker Wolfram Siebeck angerufen hat. Er wollte ein Porträt über ein türkisches Restaurant in Berlin machen. Mutlu nannte ihm einige türkische Edelrestaurants. Siebeck sagte, die kenne er alle. Er wolle lieber das Restaurant beschreiben, in dem Mutlu selbst immer esse. Also gingen die beiden ins "Adana" in der Berliner Manteuffelstrasse. Siebeck schrieb dann in der ZEIT über das Restaurant, in dem die Familie Akpolat fast rund um die Uhr kocht und schwärmte: "Hier hat der Begriff Handwerk noch seine ursprüngliche Bedeutung, denn alles ist handgemacht. Und frisch." Eine schöne Werbung für einen Geheimtipp in Kreuzberg.
Der lobende Artikel hatte jedoch für Özcan Mutlu persönliche Nachteile. Da die Siebeck-Kolumne bundesweit gelesen und gesammelt wird, kommen jetzt viele Touristen nach Berlin, die alle im "Adana" Tische reservieren. Letztlich sollen sogar Gäste aus Hannover nur zum Essen nach Berlin gefahren sein und anschließend wieder zurück nach Hannover. Mutlu muss in seinem Stammlokal immer rechtzeitig anrufen, damit er einen Platz findet. Er hat versprochen, mich demnächst einmal mitzunehmen.
Beim Essen für die Familien der Opfer, zu dem der neue türkische Botschafter Hüseyin Avni Karslıoğlu nach dem Staatsakt im Berliner Schauspielhaus eingeladen hatte, traf Mutlu auf Joachim Gauck, der zum Bundespräsidenten gewählt werden soll. Er sagte ihm von Angesicht zu Angesicht persönlich, dass er ihn nicht wählen würde wegen seiner missverständlichen Äußerungen zu Sarrazin. Als Joachim Gauck ihm die wirklichen Zitate und seine eigene Distanz zu Sarrazin erläutert hatte und nachdem er ihn in der Begegnung mit den türkischen Familien erlebt hat, hatte Mutlu die Größe zu sagen, jetzt könne er ihn doch wählen. Diese Geschichte hatte ich zuerst gehört von Özcan Mutlu, aber in zwei internen Vorstellungsrunden habe ich sie auch von Joachim Gauck gehört. So ist Mutlu auch vielen bekannt geworden, die ihn vorher nicht kannten, weil ihn der künftige Bundespräsident namentlich erwähnt.
Letzte Woche hatte ich an dieser Stelle erwähnt, dass die Grünen Gamze Kubaşık, die Tochter der Opfer des Rechtsterrorismus in Dortmund für die Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten benannt haben. Die CDU in Nordrhein-Westfalen hat jetzt Mevlüde Genç, die Mutter der Opfer in Solingen, benannt. Als ich sie letzte Woche in ihrer Wohnung besucht habe, habe ich die Bilder gesehen, die ihr der deutsche Bundespräsident Johannes Rau und der türkische Staatspräsident Abdullah Gül gewidmet haben. Jetzt darf sie sogar mitbestimmen, wer der nächste Bundespräsident wird. Sie hat es verdient.