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Herr Gündoğan, die Bundesliga-Klubs haben am Wochenende den Slogan „Geh’ Deinen Weg“ auf den Trikots. Sind Sie immer Ihren Weg gegangen?
İlkay Gündoğan (23): „Wenn ich es auf den Fußball beziehe, auf jeden Fall. Ich habe mit dreieinhalb Jahren angefangen, Fußball zu spielen, in der Pampers-Liga. Meine Eltern wollten, dass ich unter anderen Kindern bin, Spaß am Sport habe und nicht nur faul rumhänge. Und ich war immer ehrgeizig und hatte den Traum, Fußballer zu werden das hat ja geklappt.“
Herr Hummels, wie haben Sie Fußball als Integration erlebt?
Mats Hummels (23): „Im Fußball war es nie ein Thema, aus welchen Ländern die anderen kommen. Fußball hat eine unheimlich verbindende Kraft. Da geht es nicht um Religion, Herkunft, Hautfarbe, politische Gesinnung. Ich habe mit sechs Jahren beim FC Bayern angefangen, da kamen meine Mitspieler aus Kroatien, Serbien, Polen, USA ich glaube, ich habe in der Jugend mit Jungs aus 30 Nationen gespielt. Aber das war ganz normal.“
Gündoğan: „Ich glaube, dass ich auch durch meine Leistungen im Fußball schneller anerkannt und respektiert wurde. Leistung im Sport erleichtert die Integration, das ist meine Erfahrung.“
Hatten Sie denn mal Probleme mit der Zugehörigkeit? Also die Frage: Bin ich jetzt Türke oder Deutscher?
Gündoğan: „Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Ich bin ja in Gelsenkirchen geboren. Und ich spreche besser deutsch als türkisch. Nur als ich mich entscheiden musste, ob ich für die deutsche oder türkische Nationalelf spielen möchte, kam die Frage auf. “
Und warum haben Sie sich für Deutschland entschieden?
Gündoğan: „Das war eigentlich ganz einfach: Ich bin Deutscher und habe immer für den DFB gespielt..“
Herr Hummels, haben Sie ausländische Freunde gehabt in der Jugend?
Hummels: „Extrem viele sogar. Mein bester Freund war lange Jahre ein Pole. Ich war ganz oft dort zu Hause. Ich weiß noch, dass seine Eltern mit Rücksicht auf mich immer deutsch gesprochen haben, obwohl das nicht leicht war für sie. Ich fand das total spannend, die andere Sprache, das andere Essen. Und an das WM-Viertelfinale 1998 kann ich mich erinnern...“
Wieso das
Hummels: Das habe ich mit zwei kroatischen Freunden geschaut.
Deutschland hat 0:3 gegen Kroatien verloren...
Hummels: „Ja, das war dann doch irgendwie seltsam. Wir haben in einer Mannschaft gespielt, aber vor dem Fernseher waren wir Konkurrenten. Das war ein prägendes Erlebnis.“
Ist die Herkunft eines Spielers in der Nationalmannschaft noch ein Thema?
Hummels: „Ich sehe das total entspannt. Ich finde nur wichtig, dass man für Deutschland spielen sollte, weil man sich mit dem Land und seinen Werten identifiziert und nicht finanzielle Aspekte entscheidend sind.“
Singen Sie denn die deutsche Hymne mit?
Gündoğan: „Ich singe sie jetzt nicht lauthals mit, weil ich mich schon auf das Spiel konzentriere. Ich bin aber innerlich dabei, da gehe ich auch den Text durch. Ich denke, wir sollten so tolerant sein, dass dies auch jeder für sich selbst entscheiden kann. Mats hat das ja gut gesagt: Wichtig ist doch, dass man für Deutschland spielen möchte und sich bewusst dafür entscheidet. Ob man dann die Hymne singt oder nicht, das beeinflusst auch nicht die Leistung auf dem Platz. Und da geben wir alles für unser Land.“
Hummels: „Ich finde diese Hymnen-Diskussion unsachlich. Das ist doch an den Haaren herbei gezogen, dass man sich angeblich nicht aufopfert für sein Land, nur weil man die Hymne nicht singt. Es ist für uns alle eine Ehre, für Deutschland zu spielen. Übrigens habe ich gehört, dass es schon in früheren Jahren große deutsche Nationalspieler gab, die die Hymne auch nicht lauthals mitgesungen haben. Schon seltsam also, dass das erst heute so ein Thema ist.“
War das bei Ihnen in der Familie ein Thema, ob Sie singen sollen oder nicht?
Gündoğan: „Zu keiner Sekunde. Weil es von meiner Familie total akzeptiert ist, dass ich mich für die deutsche Nationalelf entschieden habe. Da hat sich nie jemand eingemischt, das habe ich ganz allein entschieden. Deutschland ist ein tolerantes Land. Und das leben wir auch in der Familie. Entscheidend ist für mich nur eins: Dass die Familie hinter mir steht und mich unterstützt.“
Auffällig war, dass auch viele Politiker das Hymnen-Thema aufgegriffen haben. Wie ist das, wenn Politik im Sport mitredet?
Hummels: „Das muss man differenzieren. Die Aktion ,Geh Deinen Weg’ finde ich ganz prima und auch gut und richtig, dass sie von der Politik mitgetragen und unterstützt wird. Der DFB vergibt seit vielen Jahren einen Integrationspreis und stärkt damit die kleinen Vereine an der Basis. Auch das ist eine wichtige Aktion.“
Aber?
Hummels: „Manchmal habe ich leider das Gefühl, dass Politiker versuchen, sich über den Sport zu positionieren und in das Fahrwasser erfolgreicher Sportler zu kommen. Der Sport darf sich nicht instrumentalisieren lassen.“
Gündoğan: „Der Fußball steht in Deutschland total im Fokus. Deshalb ist es gut, das positiv zu nutzen und eben mit der Aktion ,Geh’ Deinen Weg’ Menschen mit Migrationshintergrund anzusprechen, ihr eigenes Ding durch zu ziehen, eben ihren Weg zu gehen.“