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Kopftuchzwang, Ehrenmorde und Unterdrückung - mit solchen Vorurteilen gegen muslimische Frauen will Sineb El Masrar aufräumen. Die 28-jährige Deutsch-Marokkanerin gibt die einzige deutsche Frauenzeitschrift für Migrantinnen heraus, ist Mitglied der Islamkonferenz und hat jetzt ein Buch geschrieben: "Muslim Girls".
El Masrar lebt in Berlin-Wedding, ist eine zupackende, selbstständige Frau und trägt ein Kopftuch höchstens zum Putzen. Mit ihrem Buch hat sie vor allem ein Anliegen: Sie will zeigen, dass muslimische Frauen die gleichen Gedanken, Ängste und Wünsche haben wie ihre "deutsch-deutschen" Mitbürger auch, dass sie ein Teil von Deutschland sind.
"Das hat mich wütend gemacht"
Dass ihr Buch fast zeitgleich mit dem umstrittenen Werk von Ex-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin ("Deutschland schafft sich ab") erschien, war Zufall. Dennoch wirke "Muslim Girls" jetzt wie eine Gegendarstellung, sagt El Masrar, die bei Hannover geboren und aufgewachsen ist. Sie hat Sarrazins Buch gelesen: 2Ich dachte: Was will der Mann denn, ich bin doch integriert. Das hat mich wütend gemacht, sein Buch war demotivierend".
Seit 2006 ist El Masrar Herausgeberin und Chefredakteurin des Magazins "Gazelle", einer multikulturellen Frauenzeitschrift, die in dieser Form einzigartig ist. Das Magazin erscheint halbjährlich mit einer Auflage von 10 000 Exemplaren. In ihrem Buch gewährt die Tochter marokkanischer Einwanderer in lockerem Schreibstil Einblicke in den Alltag von muslimischen Bürgern in Deutschland. Sie wolle zeigen, dass es kaum Unterschiede zwischen dem Leben deutscher und türkischer Jugendlicher gebe, sagte die Autorin in einem Gespräch. "Das Muslim Girl kann genauso ein Muslim Boy, ein Christ oder gar ein Atheist sein".
Mit ihrem Buch reiht sie sich in die Riege junger Schriftstellerinnen mit Migrationshintergrund ein. So erschienen in den vergangenen Monaten unter anderem "So wie ich will" von der 19-jährigen Deutsch-Türkin Melda Akbas und "Ich träume deutsch ... und wache türkisch auf" von Nilgün Tasman.
Ein verzerrtes Bild von Migranten
Viele Deutsche hätten ein verzerrtes Bild von Migranten im Kopf, sagt El Masrar. "Die Medien sehen muslimische Frauen gerne in der Opferrolle, weil es sich gut vermarkten lässt. Dabei sind wir so vielfältig. Wir studieren, arbeiten, interessieren uns für die Welt." Zugleich findet sie jedoch auch, dass Migranten selbst eine Verantwortung haben, Vorurteile zu entkräften. "Mir ging das ewige Gejammer meiner muslimischen Mitbürger auf die Nerven, sie können sich doch auch mal verteidigen", sagt sie.
Auch den schlechten Ruf muslimischer Männer wolle sie nicht so stehen lassen. "Es sind Mütter, Tanten oder Großmütter, die junge Mädchen einer alten, vorislamischen Tradition opfern", schreibt sie in ihrem Buch. Und widerspricht damit ausdrücklich dem aktuellen Werk von Alice Schwarzer "Die große Verschleierung". Hier werde der Islam regelrecht vorgeführt, Frauen seien die Opfer, Männer die Täter, ihre Religion die Rechtfertigung, so El Masrar.
Die Autorin wünscht sich, dass auch muslimische Frauen ihr Buch lesen. Bei der ersten Lesung in einer Berliner Buchhandlung waren noch keine da. "Aber das kommt noch", sagt sie, "nach all den Jahren müssen auch sie sich erstmal trauen, ihr Selbstbewusstsein zu zeigen."