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Im vergangenen Winter erfroren in Berlin mindestens drei Menschen. Die Notunterkünfte zählten 57 000 Übernachtungen - 13 Prozent mehr als in der Kälteperiode zuvor. Dieses Jahr werden es noch mehr sein, fürchten die Verbände.
«Die Kälte fängt früh an, damit müssen alle schnell reagieren», sagt die Gründerin der Berliner Tafel, Sabine Werth. Jeden Tag liefert ihre Einrichtung in Berlin 22 Tonnen Essen an über 300 Hilfsorte - darunter auch an Suppenküchen für Obdachlose. Die Berliner Tafel erreicht damit etwa 125 000 Menschen täglich, davon sind ein Drittel Kinder und Jugendliche.
Genaue Zahlen über Obdachlose gibt es nicht. Die große Nachfrage nach Suppenküchen, Wärmestuben und anderen Hilfsprojekten ist für viele Verbände jedoch ein Beleg, dass die Zahl der Wohnungslosen in Berlin tatsächlich gestiegen ist. Grund dafür sei etwa die rückläufige Zahl an erschwinglichen Wohnungen und die schwierige Situation am Arbeitsmarkt, sagt das Diakonische Werk.
Der evangelische Verein fordert von der Senatsverwaltung deshalb aktuelle Zahlen der Menschen in Obdachlosenunterkünften. Der Senat habe diese Zahlen seit der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 nicht mehr veröffentlicht.
Für Notübernachtungen sind seit dem 1. November auch Nachtcafés und Kältestuben wieder geöffnet. Nacht für Nacht fährt der Berliner Kältebus, der mit Haupt- und ehrenamtlichen Helfern jede Nacht wohnungslose Menschen in Unterkünfte bringt. Insgesamt gibt es etwa 300 bis 400 solcher Notschlafplätze im Berliner Stadtgebiet. Damit soll nicht nur verhindert werden, dass Obdachlose in der kalten Jahreszeit zu Schaden kommen oder gar erfrieren. Das Verbundnetz aus etwa 90 Kirchengemeinden, Caritas, Diakonie und Deutschem Roten Kreuz versucht auch, die Obdachlosen an weitergehende Hilfsangebote zu vermitteln.
«Das ist in den letzten Jahren in einer erheblichen Zahl von Fällen gelungen», sagt Diakonie-Direktorin Susanne Kahl-Passoth. Rund 10 600 Menschen konnten im vergangenen Winter weiterbetreut werden - 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Problematisch sei hingegen die steigende Anzahl Hilfsbedürftiger aus osteuropäischen Ländern, wie etwa aus Russland, Polen und dem Baltikum.
«Diese Menschen können wir leider nicht gezielt in weitergehende Hilfen vermitteln, weil sie keinen Anspruch darauf haben», sagt Hermann Pfahler von der evangelischen Obdachlosenhilfe. Seiner Ansicht nach muss deshalb das europäische Fürsorgeabkommen dringend überarbeitet werden. Vielen Arbeitslosen macht nicht nur die Kälte, sondern gerade während der Feiertage auch die Einsamkeit zu schaffen. Damit sie Weihnachten feiern können, organisiert der Musiker Frank Zander seit 16 Jahren wenige Tage vor Heiligabend ein Obdachlosenfest. Mit 300 Besuchern fing er Mitte der 90er Jahre an. Im vorigen Jahr kamen schon 2700 Hilfesuchende. Es beunruhigt ihn, dass es von Jahr zu Jahr mehr werden. «Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander», sagt Zander. Gleichzeitig werde es schwieriger, für Hilfszwecke Geld aufzutreiben. Das bestätigen auch einige große Organisationen wie etwa die Berliner Tafel.