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Die bundesweit erste schwarz-grüne Landesregierung in Hamburg steht nach nicht einmal drei Jahren vor dem Aus. Die Grünen streben Neuwahlen an. «Wir sehen nicht mehr, dass diese Koalition die Kraft hat, wichtige Zukunftsprojekte für Hamburg zu stemmen», sagte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan am Sonntag nach einer Klausurtagung von Fraktion und Parteivorstand. Bürgermeister Christoph Ahlhaus gab zunächst keine Stellungnahme ab. Die oppositionelle SPD forderte schnelle Neuwahlen. Schwarz-Grün regiert in Hamburg seit Mai 2008.
Seine Fraktion werde vorsorglich einen Antrag zur Auflösung des Parlaments für die Bürgerschaftssitzung am 15. Dezember einbringen, sagte Kerstan. Die endgültige Entscheidung, die Koalition mit der CDU aufzukündigen, müsse aber die Mitgliederversammlung der GAL (so heißen die Grünen in Hamburg) am 13. Dezember fällen. Die Grünen-Bundesvorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir begrüßten den Entschluss. Er sei konsequent und richtig, teilten beide am Sonntag in Berlin mit. «Wenn die gemeinsame Vertrauensgrundlage in diese Koalition verloren gegangen ist, sind Neuwahlen die logische Konsequenz.»
Die GAL-Vorsitzende Katharina Fegebank sagte, sie sehe keine Chancen für einen Neuanfang mit der CDU, weil es keine hinreichenden Gemeinsamkeiten mehr gebe. «Das sehen wir vor allem darin begründet, dass der gemeinsame Geist und die große Verlässlichkeit, die diese Koalition bis zum Sommer getragen haben, einfach verflogen sind.» Der Rücktritt von Bürgermeister Beust, der als Architekt der Koalition gilt, war aus Kerstans Sicht eine Zäsur. «Wir müssen nun nach 100 Tagen feststellen, dass dieser Neustart nicht gelungen ist», sagte der Fraktionschef. Ahlhaus war im August Beusts Nachfolger geworden.
Nach Ansicht der SPD muss es jetzt rasch Neuwahlen geben. «Dieser Senat kann nichts mehr bewegen, sagte Hamburgs SPD-Chef Olaf Scholz am Sonntag nach einer SPD-Klausur, noch bevor die GAL ihre Entscheidung bekanntgab. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Neumann betonte: «Dieser Senat ist nicht handlungsfähig, dieser Senat ist nicht handlungswillig.» Konkreter Anlass für das Verlassen der Koalition war für die GAL der Rücktritt von Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) am Mittwoch, «der uns vor die Frage gestellt hat, ob wir diese Koalition durch die Wahl eines neuen Senators bestätigen können. Das mussten wir mit einem klaren "Nein" beantworten», sagte Kerstan. Es seien Absprachen zum Beispiel bei der Umsetzung des Sparpakets im Haushalt nicht eingehalten worden.
Scholz kündigte an, die SPD könne binnen kürzester Zeit einen Spitzenkandidaten benennen. Es wird damit gerechnet, dass er selbst die SPD im Wahlkampf anführen wird. «Aus unserer Sicht gibt es keine Kraft mehr für die jetzige Regierung. Sie kann keine wichtigen politischen Projekte für die Stadt mehr nach vorne bringen.» Neumann betonte, er habe bereits mit den Linken einvernehmlich über die weitere Zukunft gesprochen. Mit Kerstan sei für diese Woche ein Termin vereinbart. Ahlhaus habe nach Beusts Rücktritt keinen Neustart, sondern eine Bruchlandung hingelegt, sagte Neumann. So habe Wirtschaftssenator Ian Karan (parteilos) eine «schwache bis nicht vorhandene Leistung» abgeliefert. Die schwarz-grüne Kulturpolitik um Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) nannte Neumann ein Desaster.
CDU und Grüne hatten nach den Bürgerschaftswahlen im Februar 2008 unter bundesweiter Aufmerksamkeit verhandelt und im April den ersten schwarz-grünen Koalitionsvertrag auf Länderebene geschlossen. Die GAL musste dabei Projekte wie das Kohlekraftwerk Moorburg und die Elbvertiefung akzeptieren, die CDU ließ sich auf die später von einem Volksentscheid zu Fall gebrachte Schulreform und die Stadtbahn ein.