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Im Prozess um die getötete Kurdin Arzu Ö. hat ein Psychologe beschrieben, gegen welche Regeln die 18-Jährige aus Sicht der jesidischen Familie verstoßen habe. So erlaube der jesidische Glaube nur Beziehungen zu Jesiden, sagte der Freiburger Psychologe Jan Kizilhan am Montag im Landgericht Detmold. Zudem seien sexuelle Normen vorgegeben.
Frauen müssten als Jungfrau in die Ehe gehen. Andernfalls sei die Ehre des Vaters und der Familie beschädigt. Die Anklage glaubt, dass die Familie die Beziehung Arzus zu einem Nicht-Jesiden ablehnte. Eine Schwester und vier Brüder Arzus sind wegen Geiselnahme angeklagt. Dreien von ihnen wirft die Anklage Mord vor. Das Trio hatte die Entführung vom November 2011 am ersten Prozesstag gestanden.
Ein 22-Jähriger gab die tödlichen Schüsse zu. Professor Kizilhan, selbst Jeside, schilderte, wie die in den Kurdengebieten verbreitete Glaubensgemeinschaft seit Jahrhunderten verfolgt wurde. Die Jesiden hätten sich darum isoliert. «Familie ist von absoluter Bedeutung.» Sie stehe über dem Individuum. Oberhaupt sei der Vater. «Ein Angriff auf ein Familienmitglied ist ein Angriff auf die ganze Familie.» Zum Jesidentum gehöre die Heiratsregel.
Dagegen sei der Ehrbegriff nicht jesidisch, sondern ein Kennzeichen patriarchaler Kultur. Schuldbeladene Familien würden ausgegrenzt, die Schuld könne aber mit einer Entschädigung oder einer Person als Opfer getilgt werden, sagte der Psychologe. In Deutschland lebten Jesiden seit den 1960er Jahren, derzeit seien es etwa 60 000, sagte Kizilhan.
Die erste Generation betreibe oft Problemlösung nach traditionellen Mustern. Die nachfolgenden Generationen lebten «in zwei Welten», sagte der Psychologe und sprach von einer verlorenen Generation. Der Psychiater Horst Sanner beurteilte alle fünf Angeklagten als schuldfähig.
Bei Osman, der die Schüsse gestanden hatte, liege kein Hinweis etwa auf eine tiefgreifende Bewußtseinsstörung vor, etwa Affekt. Am Mittwoch sollen die Plädoyers folgen. Dann wird auch mit einem Urteil gerechnet.