Echternacher Springprozession

Bei dem Klima in Deutschland für Integration geht es zum Beispiel zu wie bei der "Echternacher Springprozession": 2006 gab es den ersten Integrationsgipfel der Bundeskanzlerin, zum ersten Mal seit 50 Jahren wurden Migranten von Angela Merkel ins Kanzleramt geladen, um gemeinsam mit Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen, der Wirtschaft, der Gewerkschaft, der Nedieb und des Sports über gemeinsame Wege nachzudenken. Wolfgang Schäuble startete die Deutsche Islamkonferenz und das Sommermärchen der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland erzeugte ein Gemeinschaftserlebnis, wie unser Land es lange nicht erlebte hatte. Aus vielen Fenstern hingen deutsche und türkische Fahnen ebenso wie in türkischen Restaurants oder Geschäften und die türkischen Zeitungen fieberten in den Schlagzeilen mit der deutschen Mannschaft. Ich habe damals als Minister in einer Landtagsdebatte die "Hürriyet" hochgehalten, um den Abgeordneten zu zeigen, wie sehr viele Türken in Deutschland mit dem deutschen Team fieberten.

Und dann kam die Sarrazin-Debatte und es war wie bei der "Echternacher Springprozession": Die schönen zwei Schritte nach vorne erlebten wieder einen Schritt rückwärts. Klischees, pauschale Verletzungen vieler Muslime, Integrationsdebatten ohne Ende, die in die alte "Wir-Ihr-Debatten" zurückfielen, prägten das gesellschaftliche Klima. Jetzt müssen wir wieder einen neuen Anlauf nehmen, um einen Schritt voran zu gehen.

Etwas ähnliches gibt es beim Frieden im Nahen Osten oder in Afghanistan: zwei Schritte vor, einen zurück. Und auch aus unserem persönlichen Leben wissen wir, dass es manchmal zwei Schritte vor und einen zurück geht.

Ich erzähle Ihnen das, weil in dieser Woche die echte "Echternacher Springprozession" stattgefunden hat.

Echternach, ein 5000-Einwohnerdorf in Luxemburg, hatte 12000 Pilger zu Gast, die die seit dem Jahr 1497 überlieferte Tradition fortführten. Zur Polka-Musik pilgerten sie, zwei Schritte vor, einen zurück und sie singen und beten dabei. Die UNESCO hat im November 2010 diese Tradition zum immateriellen Weltkulturerbe erhoben.

Es bleibt zu hoffen, dass wir bei den Verbesserungen in der Welt nicht allzu viele Echternacher Schritte rückwärts erleben.

Gestern war der 17. Juni. Erinnern Sie sich noch, dass dies einmal arbeitsfreier westdeutscher Nationalfeiertag war? Er erinnerte an den 17.Juni 1953, als in der damaligen DDR und in Ost-Berlin ein Arbeiteraufstand für mehr Freiheit von sowjetischen Panzern niedergeschlagen wurde. 1990 wurde er ersetzt durch den 3.Oktober, den Tag der Wiedervereinigung. Beide Tage hießen "Tag der Deutschen Einheit", der eine als Mahnung in Zeiten der Teilung, der andere als Erinnerung an die friedliche Revolution und die Einheit in Freiheit.