Deutsche Zivilgesellschaft mit dem Tode bedroht

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Deutsche Zivilgesellschaft mit dem Tode bedroht
Oluşturulma Tarihi: Kasım 15, 2011 12:02

Dass sich jahrelang eine Art Braune-Armee-Fraktion durch die Republik morden konnte, ist ein Skandal. Der Staat hat hier kläglich versagt.

Haberin Devamı

Man kann es kaum glauben. Jahrelang zieht eine mordlustige Braune-Armee-Fraktion durch die Bundesrepublik und keiner hat sie bemerkt. Wie viele Tote und Verletzte genau auf das Konto dieser Nazi-Zelle gehen, ist bisher ebenso wenig geklärt wie die Frage, ob und wie viele Handlanger aus dem Neonazi-Milieu den Killern dabei halfen, ihre blutige Spur zu ziehen.

Von mindestens neun Opfern aus Nürnberg, München, Rostock, Hamburg, Kassel und Dortmund ist die Rede. Weil zwei von ihnen einen Imbiss besaßen, wurden die Verbrechen bisher als „Dönermorde“ bezeichnet. Diese flapsige Klassifizierung sollte man sich schnell wieder abgewöhnen.

Die Killer haben keine Döner umgebracht, sondern Menschen weil sie türkischer oder griechischer Herkunft waren. Die besondere Heimtücke der Taten liegt darin, dass man sie bisher dem vermeintlichen Milieu der Opfer zuschrieb, nach dem Motto: Es geht wohl um Schutzgeld was geht uns das an? Tatsächlich waren es Verbrechen aus rassistischem Hass.

Schon jetzt ist klar, dass wir es mit einer der größten Terrorserien in der Geschichte der Bundesrepublik zu tun haben. In seiner totalitären, kriminellen Energie steht das Neonazi-Trio der Roten-Armee-Fraktion jedenfalls kaum etwas nach. Allerdings bekannte sich die RAF meist zu ihren Untaten. Die Mörder aus Jena töteten zwar bei helllichtem Tage aber im Stillen.

Sie benutzten nicht nur bei ihrer Waffe einen Schalldämpfer. Umso bizarrer, dass man jetzt in ihrem Versteck auch Videos mit Fotos von blutverschmierten Opfern und voradressierte Umschläge an Medien und islamische Vereine gefunden hat. Offenbar haben die Killer kühl zwischen Sündenstolz und Tarnung abgewogen, am Ende ging es ihnen um effektives Morden.

Der Staat hat kläglich versagt

Lange, viel zu lange, haben die Ermittlungsbehörden diese Verbrechensserie für eine undurchschaubare Abrechnerei im türkischen Milieu gehalten. Der Staat hat hier kläglich versagt. Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl wittert bereits einen Geheimdienstskandal. Der Verdacht steht im Raum, dass sich Polizei und Verfassungsschutz vor allem im Osten vor dem braunen Mob wegducken.

Seit den 90er-Jahren breiten sich vor allem in den neuen Ländern rechtsextreme, gewaltbereite Neonazi-Gruppen aus. Vor allem auf dem Land und in kleinen Städten verbreiten sie Angst und Schrecken. Aus diesem Milieu stammen offenbar auch die Jenaer Hassmörder.

Seit dem ersten Mord im September 2000 sucht die Polizei einen Serienmörder. Die Tatwaffe war jedes Mal eine Ceska 83, Kaliber 7,65 mm.

Es ist höchste Zeit, diese „Kameradschaften“ nicht nur ein bisschen zu beobachten, sondern sie mit allen dem Staat zur Verfügung stehenden Mitteln gesellschaftlich zurückzudrängen. In manchen englischsprachigen Reiseführern wird seit Langem vor deutschen Skinheads gewarnt, manche Menschenrechtsgruppen warnen vor allem dunkelhäutige Besucher vor bestimmten Regionen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Ausländer aufgrund ihrer äußeren Erscheinung, insbesondere Schwarze, zum Opfer rassistischer und rechtsextremer Gewalt werden können, sei in Ostdeutschland und in Teilen Ost-Berlins „um ein Vielfaches höher als in Westdeutschland“, konstatierte beispielsweise der in Berlin und Brandenburg ansässige Afrika-Rat schon vor Jahren.

Wurden diese Warnungen eigentlich alle überhört? Die ostdeutschen Täter scheinen sie beherzigt zu haben: Sie schlugen vor allem im Westen zu um keine Aufmerksamkeit zu erregen? Oder weil es in manchen Gegenden Thüringens oder Sachsen-Anhalts gar keine Ausländer gibt, die man umbringen kann?

Vor 20 Jahren brannten Asylbewerberheime und von Türken bewohnte Häuser. Die Orte unserer Schande hießen Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen. Es hat aber nie aufgehört zu lodern, wir haben nur die Flammen nicht gesehen. Die türkischstämmigen Einwohner der Bundesrepublik werden sich nun fragen, ob dieser Staat sie eigentlich schützen kann und will.

Als Anfang der 90er-Jahre manche ihrer Familien bei Anschlägen umkamen, blieb die große, solidarische Geste aus. Kein Kanzler, kein Bundespräsident reiste an den Ort der Taten, diese Fehlleistung wurde bei den Einwanderern durchaus registriert. Umso mehr ist nun die erste Reihe der deutschen Politik gefragt. Die Hinterbliebenen der Opfer warten auf Beistand und eine Erklärung. Wir sind ihnen beides schuldig.

Wer die deutsche Zivilgesellschaft mit dem Tode bedroht, verdient unsere Verachtung und die ganze Härte des Gesetzes. Unseren türkischen Nachbarn sagen wir heute: Bütün Almanya üzgün ganz Deutschland trauert. Aber es wird sich wehren.

Claus Christian Malzahn
Die Welt, Stellvertreter Politikchef

(Quelle: Welt online)

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