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Sehr geehrter Herr Botschafter,
lieber Ahmet Acet,
sehr geehrter Herr Schmidt,
sehr geehrte Frau Boduroğlu,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke herzlich für die Einladung zu der heutigen Ausstellungseröffnung und ich freue mich sehr, heute Abend hier bei Ihnen zu sein. Das Thema, um das es heute geht 50 Jahre deutsch-türkisches Zusammenleben ist ein wichtiges Thema, das mir und uns allen in diesen Tagen rund um das Jubiläum des Anwerbeabkommens am 31. Oktober natürlich besonders am Herzen lag und liegt.
Die Frage danach, wie sich unsere Gesellschaft durch Einwanderung verändert hat, wie sie bereichert wurde und was dies für das Zusammenleben in unserem Land und letztlich auch für Selbstverständnis Deutschlands insgesamt bedeutet dies ist allerdings eine Frage, die über den Tag hinaus von bleibender Bedeutung ist. Es ist eine Frage, die wir weiter und das noch viel offener und mutiger als bisher miteinander diskutieren müssen.
Das gemeinsame Ausstellungsprojekt “50 Jahre Migration: Zeitzeuge Hürriyet” leistet wie ich finde einen wichtigen Beitrag zu ebendieser Debatte. Bei meinem Besuch in der Redaktion von Hürriyet Ende Oktober hatte ich die Gelegenheit über die Ausstellung Einiges zu erfahren und auch den Begleitband zur Ausstellung mir anzuschauen und fand es sehr beeindruckend, was Sie mit dieser Ausstellung auf die Beine gestellt haben.
Die Ausstellung zeigt anschaulich und lebensnah, wie vor allem die türkische Einwanderung nach Deutschland sich entwickelt hat, welche persönliche Erfahrungen. Welche Glücksmomente, aber auch Rückschläge und Herausforderungen sich mit dieser Einwanderungsgeschichteverbinden und auch welche Menschen zu ganz unterschiedlichen Zeiten und auf ganz unterschiedliche Weise diese Entwicklung geprägt und vorangebracht haben.
Diese Geschichte und diese Geschichten der Einwanderung anhand von gleichsam Zeitzeugenberichten aus den verschiedenen Ausgaben der Hürriyet, der älteste türkischsprachigen Zeitung in Deutschland, zu erzählen, finde ich einen spannenden und lohnenden Ansatz. In der allgemeinen Erzählung der deutschen Nachkriegsgeschichte, auch in dem was wir in den Schulen und Universitäten den jungen Menschen in unserem Land vermitteln, hat dieses Kapitel, so wichtig es ist, noch immer nicht den Stellenwert, den es verdient.
Umso wichtiger finde ich ein Ausstellungsprojekt wie dieses. Und ich danke Ihnen allen, bei der Deutschen Bahn Services AG ebenso wie natürlich bei Hürriyet selbst, die dieses Projekt auf die Beine gestellt haben, herzlich für diese Initiative. Im Übrigen: So wichtig einzelne Ausstellungen wie diese sind, wäre es zudem meines Erachtens eine gute Idee, wenn man neben den Auswanderermuseen, die es längst in Deutschland gibt, in Zukunft auch eine Reihe von Einwanderer-Museen gäbe.
50 Jahre deutsch-türkisches Zusammenleben eine Erfolgsgeschichte
50 Jahre türkische Einwanderung nach Deutschland, 50 Jahre deutsch-türkisches Zusammenleben das ist eine millionenfache individuelle Erfolgsgeschichte. Millionen Menschen aus der Türkei und anderen Ländern sind in den letzten 50 Jahren nach Deutschland eingereist, sind hier sesshaft und vielfach heimisch geworden.
Einwanderung ist nirgendwo auf der Erde einfach. Weg zu gehe und weit weg neu anzufangen, erfordert ernormen persönlichen Mut und individuelle Anstrengung und Leistung. Das geschafft und bewältigt zu haben, ist für alle Eingewanderten und ihre Familien eine ganz persönliche Erfolgsgeschichte, von der wir, die wir oft mit weniger Anforderungen an Mut und Veränderungsbereitschaft unseren Lebensweg in unserem Heimatland gehen konnten, großen Respekt haben können.
Und natürlich ist es für unser gemeinsames Land Deutschland auch eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte, denn die Menschen die seit 50 Jahren zu uns gekommen sind, haben dieses zerstörte Land zusammen mit den Deutschen wieder aufgebaut und wirtschaftlich wohlhabend gemacht.
Es ist aber auch eine demokratische Erfolgsgeschichte, denn Deutschland hat sich verändert. Es hat an Vielfalt gewonnen: kulturell, intellektuell und sozial. Deutschland ist innovativer, kreativer und internationaler geworden. Und es hat dabei nicht etwa an Identität verloren, sondern es hat viel hinzugewonnen und hat seine Identität erweitert.
Trotz mancher Rückschläge und trotz vieler immer noch existierender Probleme und Vorurteile: Verglichen mit dem Deutschland der 60er und 70er Jahre ist Deutschland auch durch die Zuwanderung weltoffener, toleranter und gelassener geworden.
In den Geschichten, die diese Ausstellung und auch der Begleitband zur Ausstellung erzählen, spiegelt sich all das anschaulich wieder. Es entsteht auf diese Weise ein eindrucksvolles Panorama der Einwanderung und des Zusammenlebens in unserem Land, das aus vielen individuellen Erfahrungen und persönlichen Schicksalen am Ende eine Geschichte der Einwanderung zusammensetzt, die den Wert und die Bedeutung der Einwanderung insgesamt für unser Land vermittelt und würdigt.
Erfahrungen der ersten Generation von Einwanderern
Es freut mich, das Sie dabei ein besonderes Augenmerk auf die Erfahrungen und Lebensgeschichten gerade der ersten Generation der Einwandererinnen und Einwanderer gelegt haben. Sie sind als Gastarbeiter unter oft schwierigen Bedingungen nach Deutschland gekommen: Sie mussten zunächst ärztliche Untersuchungen über sich ergehen lassen. Viele von ihnen mussten dann nach einer schmerzlichen Trennung in der Regel auf dem Sirkeci-Bahnhof in Istanbul eine oft mehr als 50 stunden dauernde Zugfahrt in eine ungewisse Zukunft antreten, um schließlich in ein Land zu kommen, das sie nicht kannten, in dem sie zunächst auch nur vorübergehend leben wollten und in dem sie zunächst auch nur vorübergehend leben durften.
Wie viel Mut erforderlich war, diesen Weg zu gehen, welche Ängste überwunden werden mussten, wie alte Freundschaften verloren gingen, aber auch neue gefunden wurden, wie viele der Eingewanderten durch Beharrlichkeit und Fleiß sich ein neues Leben in der Fremde aufgebaut haben, wie andere auch nicht zurecht gekommen sind von all diesem erzählen die Lebensgeschichten der Einwandererinnen und Einwanderer der ersten Generation in besonderer Weise.
Es sind die Geschichten großer Hoffnung, aber auch der Enttäuschung, des Verstehens wie des Missverstehens, Geschichten, die von Mut und Aufbruch zu Neuem ebenso wie vor Ängsten und Vorurteilen erzählen. Und all dies wird auch erfahrbar und anschaulich in dieser Ausstellung und dem Begleitband zur Ausstellung.
Wir müssen eine Einwanderergesellschaft werden
Deutschland ist längst ein Einwanderungsland jetzt müssen wir zu einer echten Einwanderungsgesellschaft werden. Dies setzt voraus, dass wir gemeinsam in Deutschland noch mehr dafür tun, allen hier lebenden Menschen faire Chancen auf Aufstieg und Teilhabe zu ermöglichen. Wir müssen vor allem noch mehr für eine gerechte Bildung für alle tun. Bildung, Bildung und nochmals Bildung darauf kommt es zuerst an.
Zudem brauchen wir endlich den Schritt hin zu echter doppelter Staatsangehörigkeit. Alle Menschen haben Wurzeln. Je fester sie sind, desto fester hält man den rauen Winden des Lebens stand. Manche haben ihre Wurzeln längst hier, andere haben ihre Wurzeln oder einen Teil von ihnen in der Türkei oder anderswo. Niemand sollte dazu gezwungen, seine Wurzeln zu kappen. Schon gar nicht deshalb, weil er gleiche Rechte haben will.
Deshalb haben wir als SPD den 50. Jahrestag des Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und der Türkei auch zum Anlass genommen, erneut einen Gesetzesentwurf zur Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft in den Deutschen Bundestag einzubringen. Gestern fand hierzu die Debatte und Abstimmung statt. Leider waren die Regierungsparteien von CDU/CSU und FDP erneut nicht bereit, diesen längst überfälligen Schritt mitzumachen, der für ein gleichberechtigtes Zusammenleben in unserem Landes so wichtig ist.
Vielfalt gehört zu einer weltoffenen Kultur Deutschlands
Die Kultur der Einwandererinnen und Einwanderer ist längst untrennbar mit Deutschland verbunden, ist Teil der gemeinsamen Kultur geworden, die unser Land heute ausmacht. Vielfalt ist zu einem wichtigen Bestandteil einer weltoffenen Kultur unseres Landes geworden, die das Bild Deutschlands in der Welt prägt und unser Land attraktiv macht. Das ist etwas, worauf wir gemeinsam stolz sein können und sollten! Und auch dies, ebendiese lebendige Vielfalt unseres Landes, bezeugt Ihre Ausstellung eindrucksvoll.